Barrieren überwunden: Meine erlebnisreiche Reise mit dem “Volksrolli”

Ein Reisebericht von E. Knauber

Lange vorher geplant, im Oktober sollte es losgehen. Meine Reise trotz Handicap: Hinflug von Stuttgart nach Antalya – An Bord von “Mein Schiff 2” – Ägypten – Suezkanal – Safaga – Akaba  -Muscat – Dubai – Rückflug nach Frankfurt.

Problem Rollstuhl. Auf meiner vorherigen Reise “Rund um Island” hatte mein mich begleitender Enkel Lukas manchmal doch etliche Mühe, um mich mit dem Rollator von A nach B zu bringen, d.h. er musste ständig um mich herum oder in der Nähe sein. Das muss diesmal anders werden. Gesagt, getan. Wie wäre es mit einem elektrischen Rollstuhl? Nach Recherchen stieß ich auf ein Gerät namens “Volksrolli”. Ein Anruf bei der Firma “Fellerhoff MED TEC GmbH“ folgte. Eine sehr freundliche Dame erkannte mein Problem und versprach umgehend Abhilfe. Zwei Tage später klingelte es an meiner Haustüre. Ein Fachberater war gekommen, um mir den “Volksrolli” vorzustellen. Er ging zum vor dem Haus geparkten PKW-Combi. Ich fragte: “Wo ist der Rollstuhl?”. Er antwortete nicht. Öffnete die Heckklappe, zog ein für mich undefinierbares Gerät heraus, griff an einen kleinen Hebel und im Handumdrehen stand der Elektrorollstuhl “Volksrolli” vor mir. Der Rest ist schnell erzählt: Eine kurze, aber klare Erklärung und Einweisung und ich konnte bereits die ersten Runden fahren. Das war genau das, was ich brauchte. Der Auftrag wurde erteilt. Die Formalitäten (Krankenkasse usw.) wurden von dem Fachberater und der Verwaltung tadellos erledigt. Nach zwei Wochen und gerade noch rechtzeitig vor Reisebeginn brachte eine Spedition mein neues Gerät.

Es folgte die Anmeldung beim Reisebüro, für den Flug und das Schiff. Kein Problem. Für den Flug wurde das Gerät zusammengelegt, schön verpackt in der Verpackungshülle und mit dem Reisegepäck aufgegeben. Nur die beiden Batterien, welche kinderleicht entnommen werden konnten, mussten als Handgepäck in die Kabine mitgenommen werden. Vom Flughafen zum Schiff wurde mein Rolli zusammengelegt im Gepäckboden des Busses befördert. Dort angekommen, setzte ich mich in meinen Rolli, steckte die beiden Batterien in die Kammern und fuhr glückselig die Einstiegsrampe zum Schiff empor. Ich war happy, dass alles bisher so toll geklappt hat. Auch mein Enkel Lukas war sichtlich erleichtert. Jetzt kann die Reise beginnen.

Die Behindertenkabinen waren leider alle ausgebucht, aber wir hatten direkt neben der Kabine einen Platz auf dem Flur mit einer Schuko-Steckdose an der Wand. Hier konnte ich meinen Rolli abstellen und auch gleichzeitig aufladen. Das Leben an Bord war einfach spitze. Unabhängig, frei und froh, nicht immer von meinem Enkel oder anderen abhängig zu sein. Ich habe nicht gezählt, wie oft und wie viele Runden ich auf der Jogging-Bahn auf Deck 12 mit meinem Rolli gedreht habe.

Den ersten Ausflug haben wir von Alexandria nach Kairo und zu den Pyramiden unternommen. Wir besuchten die Festung mit seiner prachtvollen Moschee, die Aussichtsplattform mit herrlichem Blick auf Kairo und dann ging’s zu den Pyramiden.

Mein Rolli natürlich im Gepäckraum dabei. Dann wurde es lustig. Über Gestein, Sand und Geröll zu den Pyramiden. Ringsum Kamele, und ich … mittendrin. Stiere Augen ringsum. Ein solches Kamel hatten sie wohl noch nicht gesehen. Ein Heidenspaß. Dass ich das noch einmal erleben durfte.

Beim nächsten Landgang gingen wir getrennte Wege. Lukas besichtigte die Tempel von Luxor, die Gräber im Tal der Könige und den Tempel der Göttin Hatschepsut. Ich fuhr zum Hafen und begab mich auf ein Glasbodenschiff, um die wunderbare Unterwasserwelt mit seinem prächtigen Fischbestand und den leuchtenden Korallen zu bestaunen. Mein Rolli wurde mit an Bord genommen, für die Helfer an Bord überhaupt kein Problem. Beim anschließenden Rundgang durch die Shoppingmeile von Safaga zeigte mein Rolli erst richtig, zu was er bei Schotter und Pflasterstein-Pisten fähig ist. Er hat alles bravourös gemeistert.

Der absolute Höhepunkt jedoch war der Ausflug von Akaba in die Wüste zum Wadi Rum. Nach einer turbulenten Busfahrt zur Verladestelle gings per motorisierten „Kamelen”, also Pritschen-Vans in eine unvorstellbar reizvolle Wüstenlandschaft zu einem Beduinencamp. Eine Erfrischung und ein kleiner Imbiss waren der Lohn für die doch außergewöhnliche Anstrengung.

Zurück an Bord. Es folgte eine lange Seefahrt durch den Golf von Aden nach Muscat und zum Endpunkt Dubai. Die Abschlussparty auf dem Schwimmbaddeck wurde von allen Passagieren und einem Teil der Crew feucht-fröhlich gefeiert. Auch mich hielt es nicht zurück. Ich tanzte mit vielen Gästen vor der Tribüne – im Volksrolli sitzend – ein tolles Erlebnis.

Die Ausschiffung war wieder problemlos mit dem Rolli. Nach dem Transfer ins Hotel sollte die Reise durch zwei Tage Aufenthalt ausklingen. Wir gewannen tolle Eindrücke.

Was sicher nicht so oft vorkommt war die Tatsache, dass ich in Dubai mit dem Rolli im Maintower auf 220 Metern Höhe fuhr, um mir das hektische Treiben aus dieser Höhe durch den Glasboden anzusehen. Nach zwei Tagen in Dubai hieß es Abschied nehmen. Der Transfer zum Flughafen, Einchecken, Flug zurück nach Frankfurt. Eine wunderbare Reise, in dieser Form erst durch die potentielle Nutzung meines „Volksrollis” ermöglicht, war zu Ende.

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